Kölner Kammerorchester

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Date: 30.03.2015

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Fröhlich in die vorösterliche Andacht

Für die Palmsonntag-Matinee des Kölner Kammerorchesters verwandelte sich die Kölner Philharmonie in eine Kirche. Es gab vorösterliche Andachtsmusik, streng formuliert von Frank Martin ("Polyptique" für Doppelorchester und Geige) und Joseph Haydn ( "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze"), dazu in Haltung und Atmosphäre Stimmiges von Mozart (E-Dur-Adagio für Orchester und Geige, KV 261, und Adagio und Fuge, KV 546).

Ein Programm mit einer deutlichen Überzahl langsamer Sätze, das zudem noch emotional zu Meditation oder Bußfertigkeit aufruft, hätte leicht zu langatmigen Erbauungsübungen führen können. Dass es dazu nicht kam, war der Klang- und Spielkultur des Orchesters, dem Dispositionsgeschick des Dirigenten Christoph Poppen und dem Zielbewusstsein der Solisten Lena Neudauer (Geige) und Annette Frier (Rezitation) zu danken.

Martin hat sechs sehr farbige und einprägsame Bilder zur Leidensgeschichte musikalisiert, darunter eine eindrucksvolle Strafauspeitschung des Judas und eine poetisch überschwängliche Szene des Gartens am Ölberg. Lena Neudauer fand für diese Episoden den adäquaten Ton aus lyrischer Süße und deklamatorischem Ernst.

Und Haydn hat die letzten Worte von Christus in einer schier überirdischen Musik sehr suggestiv ausgemalt. Auffällig ist seine Behandlung mancher Passagen zu den Stichwörtern "Es ist vollbracht" und "In deine Hände Vater, befehle ich meinen Geist": Eine fröhliche Musik mit tirilierenden Holzbläsern und affirmativen Schlüssen, als legte er Jesus das Resümee nahe: Endlich geschafft! Annette Frier gestattete sich innerhalb der einleitenden Titel nur einen einzigen Gefühlsausbruch ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen"), hielt die übrigen Zitate in der angemessenen Manier des ruhigen Referats.

(Gerhard Bauer, Kölner Stadt-Anzeiger, 30. März 2015)