Kölner Kammerorchester

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Date: 07.01.2020

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Mit gelöstem Spielrausch in neue Jahr
Fabian Müller spielt in der Kölner Philahrmonie Bach-Klavierkonzerte

Bachs Klavierkonzerte sind unerachtet ihres überwältigenden musikalischen Reichtums nichts für Pianisten, die mit manueller Bravour vordergründig glänzen wollen. Indes steht der 29-jährige Bonner Fabian Müller auch nicht im Verdacht, zu diesen zu gehören. Der Schüler von Pierre-Laurent Aimard an der Kölner Musikhochschule, der unter anderem mit einer hochpoetisch-verinnerlichten CD mit Brahms Klavierstücken Furore machte, spielte jetzt im philharmonischen "Meisterwerk"-Konzert des Kölner Kammerorchesters die Konzerte BWV 1055 (besser bekannt in seiner mutmaßlichen Urfassung für Oboe) und 1052.

Natürliche Frische und Spontaneität

Das geschah sehr gewinnend, denn Müllers Spiel zeichnet eine große künstlerische Selbstverständlichkeit aus (die nicht mit abwickelnder Routine verwechselt werden will), eine unverkrampfte und -zergrübelte, somit sehr natürlich wirkende Frische und Spontaneität in Phrasierung und Ornamentik, die sich in den langsamen Sätzen mit einer hochkantablen Formulierung der Melodik paarte.
Und Müller ist ein hellhöriger Ensemblemusiker, bedacht auf den intensiven Dialog mit den Orchesterstimmen, die ja bei Bach immer wieder über bloße Begleitung weit hinausreichen. Hier jetzt wuchs der Solopart unauffällig aus dem Continuo der Tutti-Partien heraus und kehrte auch gerne, wie es schien dorthin zurück. Gelegentlich führte diese dienende und dienliche Musizierhaltung zum Understatement, zur klanglichen Unterrepräsentanz.

Schmerzliches aus dem Wolhltemperierten Klavier

Dafür mochte allerdings auch der seines Deckels entblößte Flügel veranstwortlich sein - der Sound ging etwas unfokussiert nach allen Seiten hinweg. Keine Rolle spielte dieses Manko naheliegend in der Zugabe, dem b-Moll-Präludium aus dem ersten Teil des wohltemperierten Klaviers, dessen schmerz- und seufzerreiche Chromatik Müller eindringlich zur Geltung brachte - da war der Weg zu seinen Brahms-Interpretationen nicht mehr allzu weit.

Das Orchester wartete bereits in der einleitenden Streichersinfonie Wq 182/5 des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel mit einem sehr aktiven, kernigen, robusten, temperamentvollen, teils schroffen Grundklang auf, den der Konzertmeister Raphael Christ dann auch in seiner Interpretationdes a-Moll-Violinkonzertes bediente. Fluss und Widerborstigkeit (Synkopen!) fanden hier zu gutem Gleichgewicht. Beim abschließenden dritten Brandenburgischen Konzert fanden die Musiker dann geradezu in einen gelösten Spielrausch hinein.

(Markus Schwering im Kölner Stadt Anzeiger vom 7. Januar 2020)